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Teufelskerle – eine Serie über Tod und Teufel in der Mode
Teil 1: Zu Ehren eines Königs: Alexander McQueen.

Es ist die auf den Leib geschneiderte Blasphemie. Die Arbeiten des Modeschöpfers Alexander McQueen schockieren: Konfrontation mit der Vergänglichkeit, provokant verpackt in Bahnen feinsten Stoffs, um selbst ein Stück Unsterblichkeit zu schaffen. Prof. Dr. Christina Threuter analysiert für uns die Symbolik hinter McQueens Werken, die für die künstlerische Darstellung des Todes in der Mode bis heute beispiellos ist.

„Dante und Virgil in der Hölle“, Gemälde von William Adolphe Bouguereau, 1850 (Creative Commons Lizenz)

„Tod eines Teufelskerls“ titelte die Süddeutsche Zeitung im Mai 2010 anlässlich des Todes des britischen Modedesigners Alexander McQueen, der sich im Alter von 40 Jahren das Leben genommen hatte. Internationale Bekanntheit hatte McQueen 1996 mit seiner spektakulären Herbst/Winter-Kollektion Dante erlangt. Gewidmet hatte er sie dem florentinischen Dichter Dante Alighieri und seinem aus dem frühen 14. Jahrhundert stammenden Hauptwerk, der Göttlichen Komödie (Divina Comedia), die heute zu den bedeutendsten Werken italienischer Dichtung zählt. Dante Alighieri erzählt hier seine Reise durch die drei Reiche des Jenseits, die ihn vom Inferno, der Hölle, durch das Purgatorio, das Fegefeuer, bis ins himmlische Paradiso, das Paradies, führt. Bei dieser epischen Erzählung durch die Reiche der Toten handelt es sich um eine Allegorie des christlichen Glaubens mit seinen Konzepten von Sünde und Verdammnis, von Reue und Buße sowie der Erlösung in der Vereinigung mit Gott. Als exzeptioneller Modedesigner ist Alexander McQueen heute noch bekannt für seine exzentrische Auseinandersetzung mit dem Thema Tod. Insbesondere in seiner Präsentation der Kollektion Dante griff er zahlreiche Motive der religiösen Bilderwelt bzw. der christlichen Ikonografie des Todes auf. Die Kreuzigung Christi fand sich als Motiv in der Anlage des Laufstegs in Form eines Kreuzes inmitten eines Kirchenschiffs wieder. Die Models und die Outfits, die sie trugen, sorgten nicht zuletzt wegen ihrer Accessoires für sehr viel Aufsehen: Einige hatten schwarze Augenmasken mit einem mittig applizierten weißen Kruzifix angelegt, eine trug eine Dornenkrone, eine andere hatte eine Spitzenkappe mit dem Skelett einer Hand auf dem Kopf, und wieder andere trugen als Kopfschmuck aus der Jagd bekannte Tiertrophäen, wie Hirschschädel, Geweihe oder auch einzelne Hörner. Überdies schienen die Hände einzelner Models von Nägeln durchbohrt, und auch die Haare waren mit langen, spitzen metallenen Dornen geschmückt. Die Modenschau war ein Tabubruch, eine einzige Provokation, und für ein christlich religiöses Publikum war sie teuflische Blasphemie.

Das Thema Tod trieb Alexander McQueen in der Folge weiter um, und ab 2001 kreierte er exzentrische Kollektionen mit Totenkopf-Motiven, die im Sinne eines Memento-mori-Gedankens an die Vergänglichkeit des Menschen gemahnten.

Christliche Todessymboliken gehen häufig einher mit den Vorstellungen von Teufel bzw. Satan oder auch Luzifer, insbesondere in den apokalyptischen Vorstellungen vom gewaltsamen Ende der Menschheit, das den Untergang der Welt bedeutet: Hier treffen Tod und Teufel unmittelbar aufeinander. Die Apokalypse ist der Endkampf Gottes gegen Satan, in dem das Gute und das Böse final um die Seelen der Menschen kämpfen. Im sogenannten Höllensturz wird ein abtrünniger Engel, weil er sich gegen Gott aufgelehnt hat, aus dem Himmel vertrieben und mutiert als gefallener Engel zu Luzifer, Satan oder auch dem Teufel – der Teufel ist demnach ein gestürzter Engel. Das Wesen und vor allem das Aussehen des Teufels sind seit dem Mittelalter (12. Jh.) in der christlichen Ikonografie äußerst vielfältig, ja inhomogen, wie Wissenschaftler*innen festgestellt haben, und die im Verlauf der Geschichte sehr verschiedenen Teufelsbilder gehen zurück auf vorchristliche Götter und Dämonen. Im Bild des Gehörnten, einer monströsen männlichen Tier-Mensch-Hybride – mit Bocks- oder Pferdefüßen, nackt und stark behaart, vielfach mit Fledermausflügeln und einem Tierschwanz ausgestattet, überdies häufig mit spitzen Ohren versehen –, hat insbesondere die griechisch-römische Mythologie mit ihren Pan- und Satyrdarstellungen Pate gestanden. Die Monstrosität dieses Tier-Mensch-Mischwesens verweist auf unberechenbares Verhalten, auf ein ungezähmt-wildes Wesen.

Angst ist es, die Tod und Teufel etwa ab dem späten Mittelalter und der beginnenden Neuzeit (in Darstellungen) miteinander verbindet: Es ist die Furcht vor dem Tod und davor, als Sünder im Jüngsten Gericht verdammt und schlussendlich in der Hölle gebraten zu werden.

Zur Autorin:

Prof. Dr. Christina Threuter ist Professorin für Kunst-, Design- und Kulturwissenschaft im Fachbereich Gestaltung an der Hochschule Trier. Einer ihrer vielfältigen Forschungsschwerpunkte ist die visuelle und materielle Kultur vom 19. bis zum 21. Jahrhundert mit dem Fokus auf Mode, Körper und Geschlecht. Im Rahmen ihrer langjährigen Tätigkeit als Kunstwissenschaftlerin blickt Frau Prof. Dr. Threuter auf eine Vielzahl bedeutender Publikationen zurück.

Für uns setzt sie sich im Rahmen der Ausstellung „Tod und Teufel“ im Kunstpalast Düsseldorf exklusiv mit dem Spannungsfeld von Mode und Kunst auseinander. Im dreiteiligen Essay „Teufelskerle“ beleuchtet sie den Einfluss des Horrors auf die Mode als Kunstform. Dabei erzählt sie die Geschichte jener Schöpfer, deren kreative Auseinandersetzung mit dem Grauen neue Wege des Umgangs mit diesem faszinierenden Thema geschaffen hat.

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