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Teufelskerle – eine Serie über Tod und Teufel in der Mode Teil 3: Das subversive Böse.

Mode als geübter Aufstand – nicht neu, aber inzwischen Teil der Popkultur. Wenn sich das Grauen seinen Weg ins modische Bewusstsein bahnt, sind Aufmerksamkeit und Abgrenzung darin eng verbunden. Im dritten Teil des Essays „Teufelskerle“ nimmt uns Prof. Dr. Christina Threuter mit in jene Subkulturen, deren Stil maßgeblich von der Faszination des Horrors geprägt ist.

Es ist kein Zufall, dass der Teufel in der Populärkultur mittlerweile nicht mehr dem tradierten dämonisch-teuflischen Phänotyp entsprechen muss: In den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre konnte der Teufel auch einen Anzug anhaben oder weiblichen Geschlechts sein und Prada tragen – in Anspielung auf die zwei sehr populären US-amerikanischen Filme Im Auftrag des Teufels (1997) und Der Teufel trägt Prada (2006). Der Teufel zeigte sich hier nur mehr noch in dem diabolisch-bösen Akt der Verführung, der Versuchung, einen verhängnisvollen Pakt einzugehen.

Das Böse lässt sich nicht mehr an Äußerlichkeiten festmachen, es ist subversiver geworden in einer Zeit, nachdem in den 1980er-Jahren Dress for Success zum Leitspruch einer ökonomisch orientierten Managerkultur geworden war und Frauen in männlich konnotierten Oversize-Anzügen mit breit aufgepolsterten Schultern ebenso erfolgreiche Managerinnen sein konnten. Die christliche Ikonografie, das heißt die kreatürlichen Vorstellungen des Bösen, scheinen in einer immer säkularisierteren, von wirtschaftlichen Interessen geleiteten Welt ausgedient zu haben.

STICHT INS AUGE: GOTH IM GRUFTI-STIL (Creative Commons Lizenz)

Dennoch hat die „schwarze Kultur“ immer noch Konjunktur, und dies nicht nur in verschiedenen Jugend- oder Protestbewegungen oder bei Anhängern bestimmter Musikstile, wie der Rock- oder Metalkultur. Und so ist es wohl kein Zufall, dass Larry LeGaspi von dem Modedesigner Rick Owens kürzlich wiederentdeckt und seine Kreationen durch eine Publikation zu seinem Werk wieder einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Auch Rick Owens’ Kreationen sind in einem weiteren Sinne einer „schwarzen Kultur“ zuzurechnen, allerdings ohne unmittelbar auf christliche Todessymboliken zu verweisen – schwarze Kleidung war schon in den 1950er-Jahren in Intellektuellenkreisen Zeichen eines Existenzialismus, einer Reduktion auf das Wesentliche des menschlichen Seins, um nicht von Äußerlichkeiten abzulenken.

Heute, in einer von Krisen geschüttelten Zeit, in der in vielen Bereichen Einschränkungen erforderlich werden, um der Erde ihr Gleichgewicht zurückzugeben, wird von vielen die Reduktion auf das Wesentliche, das Notwendige, insbesondere in Bezug auf unseren Konsum, angemahnt. Rick Owens liebt diese Reduktion, den Minimalismus in der Wertschätzung der Materialien, die er für seine Kollektionen verwendet. Ähnlich wie LeGaspi kreiert er visionäre Outfits, die hybride, allerdings im Gegensatz zu LeGaspi genderfluide Wesen schaffen. Vestimentäre „schwarze Kultur“ und Stilelemente der BDSM-Fetischkultur sowie Anklänge an eine hoch technologisierte, zukunftsweisende Cyborg- und Cyberpunk-Ästhetik treffen bei Owens aufeinander.

MEISTER DER OBJEKTKULTUR: MODESCHÖPFER RICK OWENS (Creative Commons Lizenz)

Wie uns sein Homefeature auf der Internetseite der deutschen Vogue eindrücklich vorführt, zelebriert Owens für sich selbst eine elitäre Material- und Objektkultur, um sich vom Vulgären, dem Billigen, dem Trash abzusetzen. Owens pflegt seine „schwarze Kultur“ und seinen Diabolismus, beispielsweise mit seinem kreatürlichen Mensch-Tier-hybriden Alter Ego Rickzilla (2011), einer monströsen Skulptur, in der Owens’ nackter Oberkörper in einen Unterkörper mündet, der sich in wulstig amorphen Formen zu Boden windet, um schließlich in einem überdimensionalen Reißzahn zu enden. Ähnliches zeigt sich auch in seinen „wilden“ Fellkreationen, wie dem Beutel Hun Monster Toad (Monster-Kollektion 1998) und seinen prähistorisch anmutenden, strubbelig-haarigen Schuhen aus Kunstfell, mit denen er den Träger*innen, sofern sie sich mit ihrer Kleidung identifizieren, auf ironische Weise archaische, animalisch-wilde, sprich ungezügelte Wesensmerkmale zuschreibt. Die Dominanz der Farbe Schwarz und das Diabolisch-Monströse in seinen Kreationen verursachen eher kein Unbehagen, spielen nicht mit der Angst. Die Ästhetik des Schauers, das monströs Schöne ist hier als ein sich gegenseitig bedingendes Wechselspiel zu sehen, indem das Monströse minimalistisch-reduziert in eine vestimentäre Option für eine posthumane Zukunft überführt wird: Mit Rick Owens hat wohl ein weiterer Teufelskerl die Bühne der Modewelt betreten …

Zur Autorin:

Prof. Dr. Christina Threuter ist Professorin für Kunst-, Design- und Kulturwissenschaft im Fachbereich Gestaltung an der Hochschule Trier. Einer ihrer vielfältigen Forschungsschwerpunkte ist die visuelle und materielle Kultur vom 19. bis zum 21. Jahrhundert mit dem Fokus auf Mode, Körper und Geschlecht. Im Rahmen ihrer langjährigen Tätigkeit als Kunstwissenschaftlerin blickt Frau Prof. Dr. Threuter auf eine Vielzahl bedeutender Publikationen zurück.

Für uns setzt sie sich im Rahmen der Ausstellung „Tod und Teufel“ im Kunstpalast Düsseldorf exklusiv mit dem Spannungsfeld von Mode und Kunst auseinander. Im dreiteiligen Essay „Teufelskerle“ beleuchtet sie den Einfluss des Horrors auf die Mode als Kunstform. Dabei erzählt sie die Geschichte jener Schöpfer, deren kreative Auseinandersetzung mit dem Grauen neue Wege des Umgangs mit diesem faszinierenden Thema geschaffen hat.

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