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Gut behütet – seit 116 Jahren.

Wir sind zu Besuch in der Werkstatt von Pia Diefenthal. 1905 gründet Pias Urgroßvater Wilhelm den Kölner Produktionsbetrieb. „Damals gehört der Hut dazu, heute ist er ein Symbol, um sich abzugrenzen“, erzählt uns Pia. Folgen Sie uns.

Friesenwall, Köln. Brauner Backstein, warmes Licht, im Schaufenster die drapierten Hüte. Innen Holzformen, die sich bis unter die hohen Decken türmen und eine Nähmaschine von Singer, die wirkt als könne sie jeden Moment lossurren. Es ist eines dieser Gebäude, bei dem ein Tritt über die Türschwelle reicht, um in ein anderes, in ein analoges Jahrzehnt einzutauchen.

1905, vor fast 120 Jahren, zu einer Zeit, in der der Hut noch Zeichen von Stand und Herkunft ist, gründet Pias Urgroßvater Wilhelm den ersten Produktionsbetrieb auf der Schildergasse in Köln. Als sein Sohn, Wilhelm Junior (zur Unterscheidung nannten ihn alle nur Willi), 1926 einsteigt, lassen sich die Diefenthals von Inflation und Börsencrash nicht hemmen. Krisen fördern Kreativität und so beginnen sie seinerzeit damit, ihre Hüte selbst zu fertigen. Als der Krieg Köln und ihre Produktionsstätten trifft, nutzen Wilhelm und Wilhelm die Gelegenheit. Sie bauen die modernste Hutfabrik Deutschlands, „sie liegt hier in Köln, in der Scheidtweilerstraße. Das Gebäude gibt`s noch immer“ ergänzt Pia.

In den 1950ern werden hier jährlich bis zu 450.000 Hüte gefertigt, damals ausschließlich für Damen, die Herren kamen erst später dazu. „Bei Männern muss ein Hut zu 100 % sitzen. Das ist ein enormer Aufwand, für jede Hutgröße braucht es eine spezielle Hutform. Das heißt auf einen Hut können schon mal zehn Hutformen kommen, bei der jede einzeln von Hand geschnitzt wird.“ Als dann bei den Warenhäusern allmählich die Nachfrage steigt, führt mit Gert Diefenthal mittlerweile die dritte Generation die Geschäfte. „Hüte für 30 Mark. Modisch war das eine schwierige Zeit. Um im Wettbewerb Schritt zu halten, sind wir mitgegangen, wir produzierten viel und auch dort, wo‘s günstiger war.“ In den 1990ern steigt Pia ein, lernt viel von ihrem Vater und orientiert sich aus Liebe zum Handwerk und zum Erhalt des Kulturgutes „Back to the roots“: Sie setzt heute auf echtes Handwerk, ausschließlich aus den besten Materialien, gefertigt in Europa.

Der Hut ist Mittel zur Distinktion oder des bewussten Auffallen Wollens. „Hutträger möchten nicht uniform sein“, berichtet Pia. „In letzter Zeit kommen besonders oft junge Leute zu uns und wollen einen Pork Pie, wie ihn Künstler oder Musiker tragen. Und da beobachte ich immer eines: Die Haltung verändert sich. Mit einem Hut auf dem Kopf stehst du immer etwas aufrechter. Probier‘s mal. Ein guter Hut fordert dein Selbstbewusstsein. Du schaust den Leuten in die Augen. Und sie schauen zurück. Nicht, weil sie denken, oh, der schräge Vogel trägt ja einen Hut. Nein, Hüte sind in unserer Gesellschaft mit Mut verknüpft.“

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