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Es lebe der DDR-Punk.

Mit ihrer Musik begehren Makarios und seine Bandkollegen von DIE ZUCHT/DIE ART gegen das System auf. Sie prägen die Jugend- und Musikkultur der DDR, begleiten mit Polterpunk und kritischen Texten die Wendezeit und bringen im 30. Wiedervereinigungsjahr eine Sonderedition auf Vinyl raus.

Die Art, 1986.

Sie sind jung. Und sie sind unangepasst. Musik ist ihr Mittel, sich dem sozialistischen Erziehungsideal der DDR zu widersetzen: 1984 schließen sich in Leipzig die fünf Freunde Thomas (Schlagzeug), André (Gitarre), Tilo (Gitarre), Jan (Bass) und Holger aka Makarios (Gesang) zusammen. Sie spielen mit dem typischen Wavepunk dieses Jahrzehnts gegen die räumliche Enge ihrer Herkunft und die Zwänge der Jugend an. Ihr Sound ist vergleichbar mit Fehlfarben und Joy Division. Sie nennen sich DIE ZUCHT. Eine kleine Provokation gegen die Staatsmacht, die den Bandnamen bald als „unsozialistisch“ kritisiert und ein DDR-weites Spielverbot androht. Die Umbenennung in DIE ART (ab 1985) ermöglicht den Punkmusikern die behördliche Einstufung als Musikgruppe und damit die offizielle Erlaubnis, live zu spielen.

Die Zucht, 1985. (Foto: Torsten Ebert).

Im Gespräch mit uns blickt Makarios zurück. Tagsüber arbeitet der Frontmann im sozialistischen Großbetrieb als Offsetdrucker, nachts singt er mit rauer Stimme darüber, wie es wirklich ist: über Industriestaub in den Straßen, über Giftschaum in den Flüssen. DIE ART ist lange Zeit ein Szenetipp. Sie prägen schnell einen eigenen Stil, der sich rumspricht. Underground wird populär und DIE ART kommen aus dem Keller.

Mit Liedern wie „Endlos“ prägen DIE ART musikalisch die Wendezeit. Sie bringen bis 1989 vier Tapes in Eigenproduktion heraus – ein eigenes Album produzieren zu lassen, ist systembedingt nicht möglich. Amiga, das einzige Plattenlabel der DDR (VEB deutsche Schallplatten), hat kein Interesse daran, linienuntreue Musik herauszubringen. Um ihrer Musik dennoch Gehör zu verschaffen, überspielen DIE ART ihre Tapes auf einem Doppeldeck, fertigen eigens die Cover an und bringen sie in Umlauf. Ihr Tape „Dry“ wird dabei zum bekanntesten und meistverkauften Underground-Tape der DDR.

Ein früher – und wegen der systemkritischen Attitüde überraschender – Karrierehöhepunkt ist der Auftritt beim letzten FDJ-Pfingsttreffen 1989 in Berlin. Makarios‘ Stimme überspringt sich fast, als er uns davon erzählt: „Wir spielten vor 10.000 Jugendlichen.“ Die Band gibt ein Konzert im Auftrag des Staates, den sie so oft kritisieren. „Wir befanden uns in der Höhle des Löwen und konnten der Jugend, der wir selbst noch angehörten, eine andere Musik bringen. Anders als der ganze Einheitsbrei, der sonst gespielt wurde. Die Ordner hatten alle Hände voll zu tun, die tobende Menge zu bändigen.“

Makarios, Gründungsmitglied und Sänger von Die Zucht/Die Art. (Foto: Claudia Weingart).

Kurz darauf ist die DDR Geschichte. „Ich war zunächst völlig ungläubig“, schildert Makarios. „Es brach so über uns ein. Aber persönlich und als Band war es für uns eine riesige Chance. Ein Glück.“ Im Frühjahr 1990 steigt DIE ART in den Tourbus und spielt Konzerte in halb Europa. „Hier mussten wir uns von Ressentiments, die uns als Ostrocker abtaten, freispielen.“ Es gelingt der Band, europaweit zu überzeugen. Mit neuem Label im Rücken geht es lange für sie nach oben. Ihr erstes richtig produziertes Album erscheint dann 1990 bei Zong/DSB (Deutsche Schallplatten Berlin). Es heißt „Fear“ und fasst die ersten sechs Bandjahre zusammen.

Nach zehn erfolgreichen Jahren leben sich die Leipziger Musiker auseinander: interne Querelen, Richtungsstreits. „In der Konsequenz lösten wir uns auf und machten in verschiedenen Konstellationen alleine weiter.“ Doch mit jedem neuen Projekt wird Frontmann Makarios an dem Stil und dem Erfolg von DIE ART gemessen. 2007 kommt es dann zur Neugründung von DIE ART. Von den alten Bandmitgliedern sind noch Tom und Makarios dabei.

Für nächstes Jahr hat die Band zusammen mit den Freunden der italienischen Oper eine Tour geplant. „Dann könnt ihr uns in Leipzig, Dresden, Potsdam, Rostock und Magdeburg live erleben“, kündigt Makarios an. Bis dahin sollten sich alle Fans der DDR-Kultpunkband auf die Sonderveröffentlichung „Heimatlied“ freuen, die im Oktober erscheint. Darauf sind, neu eingespielt, elf Songs von Makarios‘ Vorgängerband DIE ZUCHT vereint.

Die Art, 2020. (Foto: Claudia Weingart).


Vorläufige Tourtermine 2021

12.02.2021 DIE ART + FDIO – Leipzig, Täubchenthal

24.04.2021 DIE ART + FDIO – Dresden, Beatpol

14.05.2021 DIE ART + FDIO – Potsdam, Lindenpark

15.05.2021 DIE ART + FDIO – Rostock, Mau

25.09.2021 DIE ART – Magdeburg, Schiff der 100

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